Freitag, 10. Juni 2016

Das Jurastudium - Der schnelle Weg zum Reichtum?

Wer bei Google nach den „bestbezahlten Berufen“ sucht, landet sehr schnell auf der Seite des renommierten Staufenbiel-Instituts. Auf Platz 10 wird der Beruf des Rechtsanwalts gelistet. Es wird folgendes angegeben: „Wer sich nach Jura-Studium, Staatsexamen und Referendariat für diese Tätigkeit entscheidet, kann zum Einstieg im Schnitt bis zu 56.000 Euro im Jahr verdienen. Doch die Zahlen hier schwanken stark: Im Median liegt der Wert bei rund 46.000 Euro.“
Da auch Richter und Staatsanwälte beim Netto-Gehalt gute Werte erzielen, und sich viele Menschen für das Recht interessieren, sollte man meinen, mit dem Jurastudium nicht allzuviel falsch zu machen.

Zunächst einmal muss ein Blick in die deutsche Bildungslandschaft geworfen werden. Mittlerweile macht jeder 2. Schüler eines Jahrgangs das Abitur und erlangt somit formell die allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife. Da auch immer mehr Menschen studieren, sind die Anforderungen in den meisten Studiengängen in den letzten Jahrzehnten gesunken. Für das Studium der Rechtswissenschaften gilt das nicht. „Schuld daran“ ist der vermeintlich altertümliche Aufbau des Studiums. Es werden nicht, wie in den Bachelor-Master-Studiengängen üblich, am Ende eines Semesters Prüfungen geschrieben, die dann benotet werden und jeweils zu einem gewissen Prozentsatz Teil der Abschlussnote sind.

Die Prüfungen während des Jura-Studiums werden nur benötigt, um in die folgenden Prüfungsabschnitte vordringen zu können. Ob ausreichende oder gute Leistungen im Studium vorliegen, ist erst einmal vollkommen irrelevant. Mit den Worten „gut“ und „ausreichend“ komme ich aber auch gleich zum zweiten Punkt, der das Studium der Rechtswissenschaften von den meisten anderen Studiengängen abgrenzt.

Dabei handelt es sich um das Bewertungssystem. Prinzipiell gibt es wie in der Schule die Noten „sehr gut“, „gut“, „befriedigend“, „austeichend“, „mangelhaft“ und „ungenügend“. Es wurde zur weiteren Abstufung zwischen „gut“ und „befriedigend“ außerdem die Beurteilung „vollbefriedigend“ eingeschoben. Was auf den ersten Blick überflüssig wirkt, entscheidet aber bei den meisten angehenden Volljuristen über das Erreichen oder Nicht-Erreichen des Traumjobs.

„Sehr gute“ Noten werden in der Praxis nicht vergeben. „Gute“ ebenso nur in seltenen Fällen. Das Ziel beinahe jedes Studenten der Rechtswissenschaften ist daher die Note „vollbefriedigend“. Nicht einmal jeder 3. Student erreicht diese Note im ersten Staatsexamen jedoch. Dennoch ist das zweimalige Erreichen dieser Note (also im ersten und im zweiten Staatsexamen) Pflicht, wenn man in einer der transatlantischen Top-Kanzleien landen will oder Richter bzw. Staatsanwalt als Berufsziel hat. Wenn man Einstiegsgehälter wie die vom Staufenbiel-Institut genannten erreichen will, muss zu den beiden Prädikatsexamina außerdem in der Regel noch ein Doktortitel hinzukommen. Ein weiteres Problem ist, dass jeder 4. Student das erste Staatsexamen endgültig nicht besteht und somit eine lange Zeit studiert hat und dennoch keinen akademischen Abschluss erhält. Besonders der sogenannte „Gutachten-Stil“ kostet den Studenten wertvolle Punkte.

Die langen Ausbildungszeiten, bis man endlich Volljurist ist, machen die Situation noch komplizierter. Das Jurastudium dauert in der Regel 9-10 Semester. Es ist somit mit einem klassischen Bachelor-Master-Studiengang vergleichbar. Nach diesen fünf Jahren kann man sich für das erste Staatsexamen anmelden. Viele Studenten wagen diesen Schritt jedoch nicht, da sie sich lieber mit Hilfe eines kommerziellen (oder seltener auch eines nicht-kommerziellen) Repititoriums besser vorbereiten wollen. Es wird im wahrsten Sinne des Wortes nur auf die Prüfungen hingearbeitet.

Die Prüfungen selbst finden innerhalb weniger Tage statt, was die Drucksituation verschärft. Berichte über Drogenexzesse vor den Prüfungen sind keine Seltenheit. Den Sinn dahinter kann man sehr lange suchen. In der Praxis spezialisieren sich alle juristischen Berufsgruppen auf einen bestimmten Fachbereich und müssen Großteile des angesammelten Wissens erst einmal nicht abrufen. Im Examen ist man jedoch als Universalgenie gefordert. Ändern tut sich an der Prüfungsdurchführung aber nichts, was wohl auch daran liegt, dass die Ministeriumsvertreter im höheren Dienst selbst Volljuristen sind, die die schwere Auslese mit Bravour gemeistert haben.

Wenn das gespannte Warten auf die Ergebnisse ein Ende hat, muss man sich entweder zum zweiten Versuch anmelden oder kann sich auf Referendariatsplätze bewerben. Viele verbinden das Wort „Referendariat“ mit den „Referendaren“, die sie von ihrer Zeit am Gymnasium kennen. Generell ist das Referendariat aber nicht lehramtsspezifisch. Es ist die Laufbahnausbildung für den höheren Dienst in Deutschland, welcher die höchste Beamtenlaufbahn darstellt. Dieses dauert im Falle des Rechtsreferendariats zwei Jahre und wird bei Gerichten, in Behörden, in Kanzleien und in Unternehmen der freien Wirtschaft durchgeführt. Wenn dieses beendet ist und das zweite Staatsexamen bestanden wurde, haben die meisten Leute mehr als sieben Jahre gebraucht, um endlich Volljurist zu werden. Wenn man nicht Volljurist ist, kann man weder Rechtsanwalt, noch Richter oder Staatsanwalt werden. Die Promotion ist in der Zeitspanne im Übrigen noch nicht angefertigt.


Man könnte nun denken: „Die Studenten sind einfach nur faul, natürlich schafft da nicht jeder das Studium“. Die Wahrheit ist jedoch, dass unglaublich viele Studenten hart für ihr Ziel kämpfen und dennoch „nur“ ausreichende Examina vorweisen können, mit welchen ihnen kaum etwas anderes übrig bleibt, als Gehälter von 25000 Euro jährlich anzunehmen. Viele Menschen würden staunen, wenn sie wüssten, wie viele Leistungssachbearbeiter im Job-Center Volljuristen mit befriedigenden Examina sind, welche auf der untersten Position des vergleichbaren gehobenen Dienstes eingruppiert sind. Von den vom Staufenbiel-Institut angegebenen Gehältern können nur Juristen mit mindestens einem Staatsexamen träumen. Viele Andere machen sich als Rechtsanwalt selbstständig und hoffen, dass sie in zwanzig Jahren einmal solche Gehälter erreichen, die für leicht überdurchschnittliche BWL-Studenten nach nur zwei Jahren im Beruf schon zu gering sind.

Wer sich nun denkt, dass der bereits existierende Bachelor-Master-Studiengang dann doch die bessere Wahl wäre, liegt jedoch in aller Regel falsch. Volljurist kann man damit nämlich nicht werden. Und solange es beinahe unzählige Volljuristen mit befiedigenden Noten gibt, die sich am liebsten um mittelmäßige Jobs prügeln würden, werden die Master-Rechtswissenschaftler auch weiterhin nicht gebraucht.

Nichtsdestotrotz bietet der Abschluss vielfältige Möglichkeiten. Die überdurchschnittlichen Absolventen können schließlich auch mit sehr guten Gehältern rechnen. Und auch die anderen Juristen können in ihren Jobs glücklich werden. Man muss sich nur im Klaren sein, was man bei der deutschen Juristenausbildung wirklich zu erwarten hat.


Mittwoch, 8. Juni 2016

Karriere bei der Sparkasse: Alles nur leere Versprechnungen?

„Wer was von Geld versteht, hat immer gute Karten, egal ob beruflich oder privat. Die Ausbildung bei der Sparkasse ist anspruchsvoll und bietet jede Menge Möglichkeiten für Ihre Karriere. Ob Privat- und Firmenkundengeschäft, Immobilien- oder Anlageberatung – bei der Sparkasse lernen Sie die wichtigen Finanzbereiche kennen und werden fit für Ihren neuen Job. Später können Sie sich über verschiedene Seminare, Fortbildungen und Studiengänge an den Sparkassen-Akademien weiterbilden – los geht’s.“


So stellt meine örtliche Kreissparkasse die Möglichkeiten für angehende Bankkauffrauen und Bankkaufmänner dar. Eltern sprechen häufig von einer „soliden Ausbildung“, wenn der Berufswunsch Bankkaufmann geäußert wird. 

Was viele junge Abiturienten jedoch nicht wissen, ist, dass die Sparkassen dem Öffentlichen Dienst zuzuordnen sind und eine tarifliche Bezahlung nach dem Tarifvertrag des Öffentlichem Dienstes der Sparkassen (TVöD-S) stattfindet. Was einige Menschen als Vorteil empfinden, ist jedoch häufig ein großer Nachteil. Obwohl die Tarifautomatik gilt, welche besagt, dass man nach seiner Tätigkeit und nicht nach seinem Abschluss bezahlt wird, sind die Einstiegsgehälter der Ausgebildeten weitaus schlechter, als die von  mittelmäßigen Bachelor-Absolventen des Faches BWL, die in einem 0815-Unternehmen unterkommen. Selbst diese können mittlerweile mit 38000 Euro zum Einstieg rechnen. 

Die ausgelernten Bankkaufleute werden hingegen nach EG 5 oder EG6 des TVöD-S eingruppiert. Es ergibt sich ein Einstiegsgehalt von 2197 Euro bis 2289 Euro monatlich. Im Jahr kommt man so inklusive der Sparkassensonderzahlung auf 28500 bis 29700 Euro brutto. 
Der Sparkassenfachwirt wird den Mitarbeitern mittlerweile aufgedrängt. In den meisten Fällen stellt dieser den einzigen Karriereschritt in der Sparkasse dar. Über EG 8 wird niemand damit kommen. In der höchsten Erfahrungsstufe kommt man damit auf 41150 Euro jährlich. Dazu kommen nur noch eventuelle Zielboni, die bei kleineren Sparkassen zunehmend abgeschafft werden. Der Abschluss „Sparkassenfachwirt“ ist bei Banken wie der Deutschen Bank und der Commerzbank im Übrigen Nichts wert. Es handelt sich nur um eine betriebsinterne, stark auf die Sparkasse orientierte Fortbildung. 

Viele Abiturienten gehen auch mit dem Ziel an die Ausbildung heran, dass sie später noch studieren möchten. Das Problem ist, dass die Sparkassen kaum Absolventen benötigen und dass der Abschluss als Bankkaufmann einer Sparkasse keinen besonderen Karrierepluspunkt bei Bewerbungsverfahren für Trainee-Stellen darstellt, da er deutlich weniger angesehen ist, als der Deutschen Bank. Und selbst wenn eine Anstellung bei einer Sparkasse gefunden wird, wird die Eingruppierung auch nur nach EG9 erfolgen. Jeder der hunderten Finanzbeamten, die direkt nach dem Abitur ihr duales Studium beginnen, verdient bereits beim Berufseinsteig mehr (netto), als die Absolventen, die bei einer Sparkasse landen. Die Finanzbeamten kommen im Übrigen mit Sicherheit bis auf eine A11-Planstelle der Landesbesoldung hoch. Sie verdienen damit mehr, als die Filialleiter der meisten Sparkassenfilialen. 

Angesichts dessen erscheint es mir fragwürdig, weshalb immer noch viele gute Abiturienten trotz deutlicher finanzieller und karrieretechnischer Nachteile Bankkauffrau oder Bankkaufmann bei Sparkassen werden wollen.